Die letzte deutsche Primaballerina/ Germany’s last Prima Ballerina

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ Buch zum Bühnenabschied über Beatrice Knop – Primaballerina am Staatsballett Berlin – von Jan Stanislaw Witkiewicz

Ein Must für Ballett-Liebhaber!

Das Buch in Interviewform gibt einen hervorragenden Einblick in das Leben einer disziplinierten, willensstarken Tänzerin. Mit 10 Jahren beschloss Beatrice Knop Balletttänzerin zu werden. Das war ihr Ziel, dem sie alles unterordnete. Tanzen war für die Ostberlinerin nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Auch wenn sie jahrelang ständig nur die zweite Besetzung war, trainierte die Perfektionistin unerbittlich mit Beharrlichkeit und Ausdauer weiter. Man kann es auch Demut nennen. Bis sie dann doch den Durchbruch schaffte und sich zu einer einzigartigen Primaballerina entpuppte.

Warum ist der Buchtitel „Die letzte deutsche Primaballerina“?

Momentan scheint es keinen Nachwuchs in Deutschland zu geben, was Beatrice Knop sehr bedauert. Ihr war nicht bewusst, dass es nach ihrem Bühnenabschied keine klassische deutsche Primaballerina mehr gibt. Heutzutage verschärfen weltweite Auditions den internationalen Wettbewerb zwischen den Bewerbern.

Über den Titel des Buches wurde viel diskutiert. Sicherlich ist Beatrice Knop momentan die letzte Berliner Ballerina. Aber das kann sich auch wieder ändern.

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Ich werde Beatrice Knop auf der Bühne sehr vermissen. Seit 25 Jahren verzaubert die grosse, elegante und gertenschlanke Solistin das Publikum. Als Primaballerina  habe ich sie im Jahr 2000 das erste Mal tanzen gesehen. Unvergessen bleibt mir ihre Schlangenvariation als Nikia in „La Bayadère“. Die böse Stiefmutter in Schneewittchen spielte sie wie eine Domina in schwarzen Lackstiefeln und Lederkostüm –  Erotik und Böshaftigkeit in eins. Ganz in Gegensatz dazu zeigte die junge Ballerina die unscheinbare Tatjana im Ballett „Onegin“, die sich zur selbstbewussten, starken Gräfin entwickelte – eine schauspielerische Glanzleistung. Und natürlich hat sie nahezu alle Hauptrollen getanzt – Schwanensee, Giselle, Caravaggio, Ring und den Ring, Tschaikowsky und noch vieles mehr……

Am 25. Februar 2016 verabschiedete sich Beatrice Knop als Königin, einer tragenden Rolle, in Schwanensee. An ihrer Seite tanzte die weltberühmte Gastsolistin Polina Semionova, die mit Beatrice Knop seit Jahren befreundet ist. Eine einmalige Vorstellung!

Hier ein kurzer Trailer zum Bühnenabschied – Quelle: Staatsballett Berlin

Warum sollten Ballett-Liebhaber dieses Buch lesen?

Jedem Ballettliebhaber kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen. Es zeigt alle Facetten eines Tänzerlebens. Allerdings möchte ich nicht zuviel verraten und Euch neugierig auf den Inhalt machen.

Hier sind fünf Dinge über Beatrice Knop, die mich sehr überrascht haben:

Ihr Körper war nicht perfekt
Ihr wurde immer wieder vorgehalten, dass ihr Körper sich ändern muss, um eine perfekte Tänzerin zu werden. Die Schulter waren zu hoch, die Beine hatten nicht die richtige Linie. Es gab immer nur Kritik über ihre körperlichen Unzulänglichkeiten. Durch hartes, unermüdliches Training gelang es Beatrice Knop, ihren Körper umzuformen. Mission impossible! Accomplished!

Die ewig zweite Besetzung
Auch wenn Frau Knop enttäuscht war, wieder als zweite Besetzung eingesetzt zu sein, spornte sie das noch mehr an, zu beweisen, dass sie die Rolle tanzen kann – vielleicht sogar besser als die 1. Besetzung. Das hiess dann noch härter und mehr üben. Mit schonungsloser Selbstkritik arbeitete sie an sich weiter und schaffte ihren Aufstieg langsam aber stetig.

Ein etwas anderes Tänzerleben in der DDR
Da Beatrice Knop die Staatliche Ballettschule ab 1983 in Ostberlin besuchte, begann ihre Karriere unter dem DDR-Regime. Dort wurden Tänzerinnen und Tänzer stark gefördert. In der DDR gab es eine Tänzerrente, die die Tänzer nach ihrer aktiven Zeit – also im Alter von ungefähr 35 Jahren- lebenslang absicherte. Die pensionierten Tänzer konnten studieren, sich weiterbilden und etwas dazu verdienen.

Als 16-Jährige durfte die junge Elevin zum Prix de Lausanne in die Schweiz fahren. Eine besondere Auszeichnung,  an einen der renommiertesten Ballettwettbewerbe eingeladen zu werden, wo begehrte Stipendien und Verträge vergeben werden. Eine ostdeutsche Tänzerin konnte  keinen Vertrag im Ausland annehmen, was auch die Jurymitglieder wussten. Beatrice Knop kam ins Finale und durfte nach Tokio fahren, wo sie den 3. Preis, einen Geldpreis in Höhe von 3000 Schweizer Franken, gewann. Dafür kaufte sie sich ihren ersten Walkman. Sie war glücklich über die Medaille, aber in der DDR hatte der Preis nicht die Bedeutung wie in anderen Ländern. Ihr damaliges Ziel, einen Vertrag an der Staatsoper Unter den Linden Berlin zu erhalten, stand in Aussicht. Die Berlinerin blieb bis auf ein kurzes Auslandsjahr in Essen Berlin treu und machte dort Karriere.

Der Kampf gegen das Lampenfieber
So souverän wie ich Beatrice Knop auf der Bühne erlebt habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie unter Lampenfieber litt. Sie spürte aber die nervliche Belastungen vor den Vorstellungen extrem. Zudem fühlte sie sich als Primaballerina verantwortlich für das Gelingen der Ballettvorführung. In Laufe der Jahre bekam sie dieses Problem selbst in den Griff. Hilfreich war die Überlegung, dass die 1000 Zuschauer in der Oper im Vergleich zur Berliner Bevölkerung doch eher wenige sind. Ballett ist auch eine Nervenprobe!

Immer weiter an der Perfektion arbeiten
Beatrice Knop ist eine hundertprozentige Perfektionistin, die mit ihrer Leistung nie zufrieden ist. Die Hauptrolle der Odette/Odile im „Schwanensee“ gilt als die anspruchsvollste, technisch schwierigste Rolle im klassischen Ballett. Es sind zwei gegensätzliche Charaktere – das Weisse, Reine und das Böse, Schwarze– darzustellen. Das Masterpiece jeder Primaballerina! Beatrice Knop hörte nicht auf, an Details zu arbeiten, die Rolle zu verändern, zu verfeinern und zu vervollkommnen, obwohl sie schon seit 15 Jahren diese Herausforderung mit Bravour meisterte.

Ihr Bühnenabschied

Jetzt, mit 43 Jahren, beschloss Beatrice Knop auf eigenen Wunsch wegen ihrer Hüftprobleme aufzuhören. Eigentlich könnte sie noch weitertanzen, will sich aber eine künftige Operation ersparen. Eine schwere, aber vernünftige Entscheidung!

Beatrice Knop bleibt dem Staatsballett Berlin als Produktionsleiterin der Kompanie erhalten. Auch wird sie ihre wertvollen, vielseitigen Erfahrungen als Coach an junge Tänzerinnen und Tänzer im Studio weitergeben. Einen Job, den sie liebt und mit Leidenschaft ausführen wird. Da bin ich mir sicher.

Detailinfos zum Buch: Broschur mit 250 Seiten, Format: 239 x 165 mm
ISBN 978-3-95749-066-7, Mit zahlreichen, teils farbigen Abbildungen
Das Buch ist zweisprachig Deutsch/Englisch und kostet 18 Euro.

Ich freue mich sehr über Kommentare. Habt Ihr Beatrice Knop auch tanzen gesehen? Was sind Eure Erinnerungen?

Beitragsbild: Beatrice Knop und Vladimir Malakhov

Ballerina Beatrice Knop hier in „With/Out Tutu“ in der Staatsoper in Berlin Quelle: Arno Burgi /dpa/picture alliance (Quelle: welt.de)

Autor: ballettlovers

I danced ballet as child, albeit with little success. Despite this, my passion for ballet and dance has carried into adulthood. I still love to watch ballet performances and would love to share my passion with you.

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