Die Unterschiede zwischen Uraufführung, Erstaufführung und Premiere
Welturaufführung oder Urauführung
Die allererste Aufführung eines Balletts weltweit überhaupt, nennt man Uraufführung. Der Begriff Welturaufführung ist eigentlich doppelt gemoppelt, denn jede Uraufführung wird erstmalig irgendwo auf der Welt getanzt.
Kostümentwürfe für „DER SANDMANN“ von Emma Ryott, Quelle: Facebook Ballett Zürich
Erstauführung
Die erste Aufführung eines neuen Balletts in einem anderen Land oder einer anderen Stadt, nachdem die Uraufführung schon anderswo stattgefunden hat. Im Programmheft steht dann Schweizer Erstaufführung, Berliner Erstaufführung an der Staatsoper oder Erstaufführung durch das Wiener Staatsballett.
Premiere
Der erste Termin, an dem ein Ballett auf einer Opernbühne gezeigt wird, nennt man Premiere. Meist ist das eine Erstaufführung. Aber auch die erste Aufführung der Neuinszenierung eines bereits früher uraufgeführten Werks wird als Premiere bezeichnet.
Am Beispiel vom Ballett „DER SANDMANN“ von Christian Spuck werden die Unterschiede deutlicher:
Uraufführung am 7. April 2006 in Stuttgart, getanzt vom Stuttgarter Ballett
Schweizer Erstaufführung am Opernhaus Zürich, getanzt vom Ballett Zürich am 28. Mai 2016
Premiere am Opernhaus Zürich am 28. Mai 2016
Dreiteiliger Ballettabend
Jetzt wird es ganz kompliziert, da drei verschiedene Ballette von drei verschiedenen Choreografen an einem Abend präsentiert werden. Bei jedem einzelnen Ballett wird der Termin der Uraufführung genannt.
Es kann passieren, dass an einem Abend eine Uraufführung, eine Erstaufführung und eine Wiederaufnahme zu sehen sind.
Repertoire
Das ist die Gesamtheit aller Ballette eines Ensembles, die bereits auf der Bühne aufgeführt wurden und noch weiter in den nächsten Spielzeiten gezeigt werden. Meist sind das Klassiker wie Schwanensee, Nussknacker, Romeo und Julia, aber auch Publikumsrenner sind darunter.
Wiederaufnahme
Wird ein Ballett aus dem Repertoire wieder in den Spielplan aufgenommen, handelt es sich um eine Wiederaufnahme und KEINE Premiere.
Neufassung/Neuchoreografie
Ein bereits uraufgeführtes Ballett wird sehr stark verändert, z.B. ein neuer Teil wird hinzugefügt. Das gilt dann als neue Version – eine Neufassung.
Bleibt nur die Musik erhalten, das Ballett wird aber vollkommen neu choreografiert, ist es eine Neuchoreografie. Genannt wird dann die Uraufführung und die jeweilige Version.
Beipiel am Ballettklassiker „Le Sacre du Printemps“:
Uraufführung der Choreografie von Vaslaw Nijinski am 29. Mai 1913
Choreografische Uraufführung der Version von Heinz Spoerli am 11. März 2001
Rekonstruktion
Ballett-Klassiker verändern sich im Laufe der Jahrhunderte. Das Original wird immer weiter verwässert bzw. verfälscht. Das kann schon dadurch passieren, dass ein Tänzer beispielsweise besonders hoch springen oder mehrfach drehen kann, was man dem Publikum nicht vorenthalten möchte, aber nicht zur Choreografie gehört.
Am Beispiel Schwanensee zeigt sich die Problematik deutlich. Die Uraufführung in Moskau 1877 fiel beim Publikum total durch. Die Neuchoreografie von Marius Petipa 1895 war ein riesiger Erfolg, auf der die meisten Schwanensee-Produktionen auch heute noch basieren. Jetzt wurden neue Dokumente und Notationen entdeckt, die belegen, dass die Schritte damals anders waren. Der Star-Choreograf Alexei Ratmansky hat das noch vorhandene Archivmaterial gesammelt und gesichtet. Seine neu erarbeitete Rekonstruktion soll so nahe wie möglich an der Originalversion sein.
Es entstand – so der offizielle Wortlaut – die Rekonstruktion der Choreografie unter Verwendung der Dokumente aus der Sergejew-Kollektion der Harvard University von Alexei Ratmansky, Uraufführung der Fassung von Marius Petipa und Lew Iwanow am 27. Januar 1895, Mariinsky-Theater, St. Peterburg. Premiere im Opernhaus Zürich war am 6. Februar 2016.
Diese Rekonstruktion wurde jetzt in das Repertoire des Ballett Zürichs aufgenommen und wird weiter zu sein sein.
Gastspiel
Geht das Ballettensemble auf Tournee und zeigt die eigenen Ballette an anderen Opernhäusern, nennt man das ein Gastspiel.
Hoffentlich habe ich jetzt nicht alle verwirrt. Auf Fragen und Ergänzungen freue ich mich. Dann wünsche ich Euch allen schöne Pfingsten!