Was zeigt Gauthier Dance Im Theater Winterthur?
Sie gehört zu den klaren Publikumslieblingen, die international besetzte Stuttgarter Compagnie Gauthier Dance. Wir sprachen mit Eric Gauthier, Leiter und Choreograf, über seinen fünfteiligen Abend «Classy Classics», mit dem er im November (27.11., 28.11., 29.11.) bei uns im Theater Winterthur zu Gast ist. Interview des Theaters Winterthur)
Lieber Eric, mit «Classy Classics» kommt deine Compagnie bereits zum siebten Mal für ein Gastspiel nach Winterthur. Was ist das Besondere an diesem neuen fünfteiligen Abend?
Ganz einfach: die Mischung! Drei Arbeiten von den Meisterchoreografen William Forsythe, Ohad Naharin und Marco Goecke, die auch in deren eigenem Œuvre selbst eine bedeutsame Rolle spielen, zusammengespannt mit zwei lange nicht mehr gezeigten Lieblingsstücken aus unserem Repertoire. Bei der Premiere im Sommer, als Eröffnungsproduktion des COLOURS International Dance Festival, kam dieses Programm beim Publikum super an. Die aparte Kombination aus Anspruch und Leichtigkeit ist anscheinend genau richtig austariert.

Die bedeutendsten zeitgenössischen Choreografen arbeiten regelmässig für deine Compagnie und geben dir die Rechte, ihre Werke einzustudieren. Wie kommt es zu dieser aussergewöhnlichen Zusammenarbeit?
Das war natürlich eine längere Reise! Durch meine Arbeit als Tänzer am Stuttgarter Ballett habe ich viele der Choreografen persönlich gekannt. Als wir Gauthier Dance aufgebaut haben, klopfte ich bei ihnen an und holte die Aufführungsrechte ein. Wir haben wohl einiges richtig gemacht – denn mit der Zeit wurden aus den Rechten eigene Kreationen für Gauthier Dance. Und zum Glück wird es von Jahr zu Jahr leichter. Ich höre sehr oft, dass die Choreografen wirklich beeindruckt sind von den Tänzerinnen und Tänzern – nicht nur von ihrer technischen Brillanz, sondern auch von ihrer enormen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit. Das hat uns grosses Vertrauen eingebracht.
Deine Tänzer werden immer wieder von grösseren Compagnien abgeworben. Trotzdem schaffst du es, auch international renommierte Stars wie Bruna Andrade für dein Ensemble zu gewinnen. Wie schaffst du das?
Das hat natürlich ganz viel mit der vorhergehenden Frage zu tun. Dass uns so viele und so hochkarätige Choreographen vertrauen und mit uns arbeiten, hat sich herumgesprochen in der Tanzwelt. Und ganz ehrlich: Wenn man sich anschaut, wer bei uns im Repertoire vertreten ist, können wir praktisch überall mithalten, auch mit grossen Kompanien. Entsprechend interessant ist Gauthier Dance mittlerweile auch für arrivierte Tänzerinnen und Tänzer geworden.
Dieses Interview führte das Theater Winterthur mit Eric Gauthier. Besten Dank für die freundliche Überlassung.
Mehr über das Programm
http://theater.winterthur.ch/spielplan/detail/tstueck/gauthier-dance.html
Cayetano Soto: Malasangre
William Forsythe: Herman Schmerman Duet
Marco Goecke: Äffi
Eric Gauthier: Orchestra of Wolves
Ohad Naharin: DECADANCE
Cayetano Sotos «Malasangre» ist eine tief empfundene Hommage an die kubanische Sängerin La Lupe, die die Dunkelheit einer gequälten Seele zeigt und es schafft, diese Zerrissenheit zur Quelle der grösstmöglichen Energie zu machen. Mit der Musik der Queen of Latin Soul wird daraus eine exzentrische, fiebrige Revue, die es ihrem Publikum buchstäblich schwer macht, sitzen zu bleiben.
William Forsythe, ein Meister der Ballettmoderne, dessen künstlerische Handschrift seit Jahrzehnten von Eleganz und klaren Linien geprägt ist, hat mit «Herman Schmerman» ein wunderschönes Pas de deux voller Leichtigkeit und Humor geschaffen. Spöttisch, lässig und unglaublich virtuos.
Marco Goeckes «Äffi» ist die Choreografie, die seinen Durchbruch markierte. Schliesslich verlangt das atemlose Stück zur Musik von Johnny Cash seinem Performer tänzerische Höchstleistungen ab, technisch wie emotional.
Eric Gauthiers «Orchestra of Wolves» ist ein humorvoller Showdown zwischen einem Dirigenten und seinem Orchester. Zu den pochenden Klängen aus dem bekannten ersten Satz aus Beethovens 5. Schicksalssinfonie ziehen die Musiker in Wolfsmasken immer engere Kreise um ihren Chef. In der erweiterten neuen Fassung muss sich der unglückliche Mann am Pult einem noch grösseren Rudel stellen…
Ohad Naharins «Decadance» ist die ultimative Wundertüte. Kein Stück, sondern ein sich ständig veränderndes work-in-progress, das für jede Stadt, für jedes Publikum, für jede Compagnie aus Auszügen seiner bisherigen Arbeiten neu adaptiert wird.
Foto © Regina Brocke