Iana Salenko und Marian Walter brillieren in Dornröschen
Trotz schlechter Kritiken war ich sehr gespannt auf Nacho Duato’s Dornröschen an der Deutschen Oper in Berlin. Die dortige Ballettszene war 2015 sehr enttäuscht, als der neue Ballettdirektor seinen Einstand mit diesem Ballett gab. Denn die Uraufführung war bereits 2011 am Petersburger Mikhailovsky- Theater erfolgt. Somit wurde das Debutstück als zu wenig mutig, einfallslos und aufgewärmt empfunden.
Ausschnitt mit der Premierenbesetzung: Iana Salenko und Leonid Sarafanov
Ich wollte diesen berühmten Klassiker von Tschaikowsky sehr gerne sehen, zumal Dornröschen selten gespielt wird. Die klassische Version braucht ein grosses Ballettensemble und eine entsprechende Bühne.
Schon im ersten Bild bestechen die traumhaften Kostüme und das weisse Bühnenbild von Angelina Atlagic – edel, anmutig, klassisch und gar nicht kitschig. Die königliche Hofgesellschaft zeigt klassischen Tanz, wobei die Bewegungssprache von Nacho Duato nicht zu übersehen ist.
Als Iana Salenko auf die Bühne kommt, gibt es schon den ersten Szenenapplaus. Vollkommen zu recht, denn die zierliche Primaballerina tanzt auf vielen renommierten Bühnen der Welt. Regelmässig ist sie als Gastsolistin des Royal Ballet in London zu bestaunen. Die Rolle der Prinzessin Aurora ist ihr auf den Leib geschnitten.
Iana Saleno als Prinzessin Aurora ©Yan Revazov
Weitere Szenenapplause folgen. Der erste Pas de Deux mit Ehemann und Ballettpartner Marian Walter zieht die Zuschauer völlig in den Bann und verzaubert durch Harmonie und Virtuosität der beiden Ausnahmetänzer. Da kann nur noch der märchenhafte Hochzeitstanz der beiden eine weitere Steigerung bringen. Das ist Ballett auf höchstem Niveau in reiner Perfektion!
Insgesamt ein emotionaler, kurzweiliger Ballettabend, der ans Herz geht und Ballettliebhaber rundum verwöhnt. Nicht vergessen zu erwähnen möchte ich das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der Leitung von Robert Reimer, das mit viel musikalischem Feingefühl das Publikum begeisterte.
Inwieweit es den heutigen Choreografen gelingt, die Ballettklassiker erfolrgreich ins 21. Jahrhundert zu transportieren, ist eine spannende Frage – ein Thema für einen weiteren Blog.
Nächste Vorstellung: 15. Oktober 2017
Weitere Infos:
http://www.staatsballett-berlin.de/de/spielplan/dornroschen/15-10-2017/533
Nacho Duato, Intendant Staatsballett Berlin
In Valencia/Spanien geboren, begann Nacho Duato seine professionelle Tanzausbildung mit achtzehn Jahren an der Rambert
Schoolin London. Danach studierte er an der Mudra Schule von Maurice Béjartund vervollständigte seine Ausbildung schließlich beim AlvinAiley American Dance Center in New York.
1980 unterzeichnete Nacho Duato seinen ersten Vertrag beim Cullberg Ballet in Stockholm. Bereits ein Jahr später engagierte ihn JiříKylián an das Nederlands Dans Theater nach Den Haag. Für seine Verdienste als Tänzer wurde Nacho Duato 1987 mit dem „VSCD Gouden Dansprijs“, dem Goldenen Tanzpreisdes Verbands der Theater- und Konzerthäuser der Niederlande, ausgezeichnet. Seine Begabung ließ Nacho Duato schon bald über die Grenzen des Tänzers hinauswachsen und sich parallel der Choreographie zuwenden. Sein erster choreographischer Versuch 1983 für das Nederlands Dans Theater, „Jardí Tancat” zu der spanisch-katalanischenMusik von Maria delMar Bonet, wurde ein viel beachteter Erfolg und brachte ihm den ersten Preis des Internationalen Choreographischen Wettbewerbs in Köln ein.
1986 wurde Nacho Duato vom Nederlands Dans Theater zum Hauschoreographen neben Hans van Manen und JiříKylián ernannt. In dieser Zeit entstandenmehr als ein Dutzend Choreographien, unter anderem: „Danza y Ritmo“ (Carlos Chávez), „Ucelli“ (Ottorino Respighi), „Synaphai“ (Iannis Xenakis/Germanos Vangelis), „Boléro“ (Maurice Ravel), „Arenal“ (Maria del Mar Bonet), „Chansons Madécasses“(Maurice Ravel), „Raptus“ (zu Richard Wagners Wesendonck-Liedern), „Dreams of Ether“ (Marcel Landowsky), „Lament“ (Henryk Górecki). Für die meisten Produktionen arbeitete er mit dem Bühnenbildner Walter Nobbe zusammen.
1990 lud das Kulturministerium in Madrid Nacho Duato ein, in sein Heimatland zurückzukehren und bot ihm die Leitung der Compañía Nacional de Danza an. Bis 2011 schuf Nacho Duato dort ein umfangreiches Œuvre und erlangte mit seinem Ensemble weltweite Aufmerksamkeit. In diesen 20 Jahren schufer über 30 Werkefür das Repertoire der Compagnie, darunterauch: „Cor perdut“ (Mar del Mar Bonet, 1989), „Concierto Madrigal“ (Joaquín Rodrigo, 1990), „Opus piat“ (Ludwig von Beethoven, 1990), „Rassemblement“ (Toto Bissainthe, 1990), „Na Floresta“ (Heitor Villa-Lobos/ Wagner Tisso, 1990), „Kaburias“ (Leo Brouwer, 1991), „Duende“ (Claude Debussy, 1991), „Empty“ (Musikcollage, 1991), „Coming together“ (Frederic A. Rzewski, 1991), „Mediterrania“ (Musikcollage, 1992), „Cautiva“ (Alberto Iglesias, 1993), „Alone, for a second“ (Erik Satie, 1994), „Tabulae“ (Alberto Iglesias, 1995), „Ecos“ (Stephan Micus, 1994), „Cero sobre cero“ (Alberto Iglesias, 1995), „Por vos muero“ (Musik des 16. Jahrhunderts, 1996), „Self“ (Alberto Iglesias, 1997), „Ofrenda de sombras“ (Musik des 16. Jahrhunderts, 2000), „Arcangelo“ (Arcangelo Corelli u.a., 2000), „White Darkness“ (Karl Jenkins, 2001), „Txalaparta“ (Kepa Junkera, 2001), „Castrati“ (Antonio Vivaldi/Karl Jenkins, 2002), „L’ Homme“ (György Kurtág, 2003), „Herrumbre“ (Pedro Alcalde/Segio Caballero, 2004), „Diecisiete“ (Pedro Alcalde/Segio Caballero, 2005), „Hevel“ (Pedro Alcalde/Segio Caballero, 2007), „O domina nostra“ (Henryk Górecki, 2008) oder „Cobalto“ (Pedro Alcalde/Segio Caballero, 2009).
Während seiner Zeit bei der Compañía Nacional de Danza kreierte Nacho Duato aber auch für andere Compagnien. 1992 entstand „Duende“ für das Nederlands Dans Theater zur Musik von Claude Debussy. Am American Ballet Theatre kreierte er 1997 „Remanso“ zur Musik von Enrique Granados und im Jahr 1998 „Without Words“ (Franz Schubert). 1998 choreographierte er „Romeo und Julia“ (Serge Prokofieff), sein erstes abendfüllendes Ballett. Es folgten „Multiplicity. Forms of Silence and Emptiness“ (JohannS. Bach, 2000), „Alas“ (2006), „Infinite Garden“(2010). In Berlin adaptierte Nacho Duato 1995 „Duende“ an der Deutschen Oper Berlin, 2002 „Without Words“ an der Staatsoper Unter den Linden und 2012 „Arcangelo“ mit dem Staatsballett Berlin.
Ein Jahr nach seinem 20-jährigen Jubiläum mit der Compañía Nacional de Danza verlies er sein Heimatland Spanien und wurde am 1. Januar 2011 zum Künstlerischen Leiter des Mikhailovsky Theaters in St. Petersburg ernannt. Dort brachte er 2011 unter anderem zwei Kreationen zur Uraufführung, „Nunc Dimittis“ und „Invisible“, und entwickelte eigene Versionen von „Dornröschen“, „Romeo und Julia“ sowie „Der Nusknacker“.
Sein jüngstes Werk “Depakine” schuf er 2014 für die Martha Graham Dance Company. Heute finden sich seine Stücke im Repertoire der wichtigsten Ballettcompagnien weltweit, darunter das Ballet de l’Opéra National de Paris, das Cullberg Ballet, das Nederlands Dans Theater, Les Grands Ballets Canadiens, das Australian Ballet, das Stuttgarter Ballett, das Ballet Gulbenkian, das Finnish Opera Ballet, das San Francisco Ballet, das Royal Ballet Covent Garden, das Bolschoi Ballett, das Boston Ballet, das Royal Danish Ballet, das Royal Swedish Ballet, das American Ballet Theatre, das Staatsballett Berlin oder das Ballett des Mikhailovsky Theaters St. Petersburg.
Als Choreograph erhielt Nacho Duato mehrere Auszeichnungen:1995 „Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres” von der Französischen Botschaft in Spanien, 1998 Gold-Medaille für Verdienste in den Schönen Künsten von der Spanischen Regierung, 2000 „Benois de la danse” für seine Choreographie „Multiplicity. Forms of Silence and Emptiness“ und 2003 Premio Nacional de Danza für Choreographie. Spaniens Außenministerium verlieh im darüber hinaus die „Medalla al Merito Civil”. 2015 erhielt er den Preis der Stadt Alcalá für Künste und Literatur. 2016 wurde er zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Valencia ernannt.
Seit der Spielzeit 2014 / 2015 ist Nacho Duato Intendant des Staatsballetts Berlin. Nachdem er bereits seine Inszenierungen „Dornröschen“, „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“, „White Darkness” „Herrumbre“, „Castrati“ und seine Kreation „Static Time“ mit dem Staatsballett erarbeitet hat, folgen in seiner dritten Spielzeit die Inszenierung „Der Nussknacker“ sowie eine weitere Kreation.
Portätfoto von Nacho Duato ©COSTAS
Beitragsfoto ©Yan Revazov