Premiere von Christian Spucks „DER SANDMANN“ am 28. Mai 2016 im Opernhaus Zürich
Christian Spuck ist ein sensationeller Geschichtenerzähler. Selbst den schwierigen Stoff von (Gespenster-) E.T.A. Hoffmann choreografiert er für das Ballett Zürich auf verständliche Weise. Die Solisten sind nicht nur perfekte Tänzer, sondern auch herausragende Schauspieler.
Die Story geht in die Tiefe der menschlichen Psyche: Kindheitstrauma, Ängste, Fantasien, Wunschbilder, künstliche Geschöpfe, Alchemie. Nathanael, herausragend interpretiert von Matthew Knight, ist hin- und hergerissen zwischen der Welt seiner Wahnideen, die sich zu seiner Realität zusammenfügen und der Welt, die seine Mitmenschen als Realität definieren (Zitat Christian Spuck, Interview im Opernhaus Magazin).
Durch die Perspektiv-Brille verzehrt sich Nathanael’s Wahrnehmung. Er verliebt sich in die Automaten-Puppe Olimpia, zweifelt an der Liebe zu seiner bürgerlichen Verlobten Clara und die gruselige Geschichte nimmt ihren Lauf. Eine getanzte Psychoanalyse.
Warum sollten Ballett-Liebhaber sich das Stück anschauen?
DER SANDMANN ist ein Gesamtkunstwerk, in dem alle Elemente perfekt zusammenfügt sind, um die gruselige, unheimliche Stimmung der Geschichte zu einzufangen:
- Dunkle Kostüme vom Emma Ryott – Biedermeierkleidchen für die Clara-Welt, lange, dünne Beinkleider und ÄrmeL für die Kostüme von Coppelius und Coppola, ein wunderschönes Tutu für Olimpia in old dark rose und big silhouettes für die Ballkleider.
- Düsteres Bühnenbild von Dirk Becker – einfach und dunkel, mit abgeschrägter Bühne – eine wahre Herausforderung für die Tänzer! Der grosse Moment, wenn sich zum ersten Mal das Versuchslabor des Puppenvaters öffnet – das Fenster in eine surreale Welt – alles bis ins Detail arrangiert.
- Ein unglaubliches Hör- und Klangerlebnis!!!!!! Live-Kammermusik auf der Bühne von Robert Schumann für die Clara-Biedermeier-Welt sowie für die erste Begegnung mit Olimpia. Die unheimlichen Klänge von Alfred Schnittke werden vom Orchester in grosser Besetzung im Graben gespielt und versetzen den Zuschauer in die dunkle Welt von Nathanael. Das Fantastische komponierte Martin Donner mittels illustrierenden Räumklängen für Spucks SANDMANN eindrücklich. Musikalische Leitung – der virtuose Riccardo Minasi.
- Mimik und Körperhaltung der Tänzerinnen und Tänzer – der Sandmann erinnert an Edward Scissorhands, gespenstisch lange Beine und Arme, Schultern hoch, Oberkörper rund nach vorne gebeugt. Matthew zeigt seine Zerrissenheit und Ängstlichkeit in jeder Tanzsequenz. Die Bewegungssprache ist einzigartig!
- Die gespenstische Lichtgestaltung von Martin Gebhardt schafft eine düstere Atmosphäre, setzt jedoch die Charaktere gezielt ins rechte Licht.
Besonders erwähnenswert ist der junge Matthew Knight, der die Rolle mit unglaublicher Präzens und Perfektion verkörpert. Viktorina Kapitonova tanzt die Olimpia sensationell, als ob sie direkt aus einer Spieldose gestiegen ist. Unglaublich ihre starre Mimik und mechanischen Bewegungssprache- nahezu unheimlich unmenschlich! Die zauberhafte Katja Wünsche als langweilige Verlobte und Vertreterin der Normalität. Das Fürchten lehren uns die beiden Sandmänner, Dominik Slavkovsky und William Moore. Tars Vandebeek und Francesca Dell’Aria, als Eltern von Nathanael, tanzen ein unglaublich beeindruckendes Pas de deux.
Grosses Kompliment an Ballett Zürich und alle Beteiligte! Es war fantastisch!
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I loved this fantastic ballet. So completely captivating!
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